Kritik am 450 Euro Job

Die Opposition sowie die Gewerkschaften kritisierten die Anhebung der Verdienstobergrenze von 400 auf 450 Euro. Es werde die Nische für unterbezahlte und schlecht abgesicherte Arbeit ausgeweitet. Der DGB erklärte, Minijobber seien schon heute akut armutsgefährdet. Sie gehörten zur Hauptrisikogruppe für spätere Altersarmut. Daran ändere auch der Zugang zur Rentenversicherung nichts: 45 Jahre Minijob brächten grade einmal 200 Euro Rente. Seit 2003 war die Verdienstobergrenze nicht mehr angehoben worden. Das Einkommen der Minijobber wird nach Einschätzung der Opposition deshalb aber nicht ansteigen, da Minijobber gegenwärtig im Durchschnitt nur 220 Euro erhielten. Die Regierung sieht in der Neuregelung einen Inflationsausgleich. Zudem hätten Minijobber die Chance zum Eintritt in die Rentenversicherung, da sie damit Zugang zu Rentenanwartschaften, zur Erwerbsminderungsrente und zum Riestersparen erhielten.

Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates zur Sitzung vom 23. November 2012

Die Quelle für die nachfolgenden Zitate ist: Br-Drs 625/1/12.

Die Ausschüsse des Bundesrates empfehlen die Anrufung des Vermittlungsausschusses bzw. die Ablehnung des Gesetzes.

Die Begründung lautet:

"Mit dem Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung werden in § 8 SGB IV die Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigte von 400 auf 450 Euro angehoben. Das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt von geringfügig entlohnten Beschäftigten betrug im Jahr 2010 im gewerblichen Bereich 259,56 Euro, in Privathaushalten 183,59 Euro. Eine Anpassung der Verdienstgrenzen erscheint somit nicht erforderlich.

Vielmehr ist zu befürchten, dass die Anhebung der Verdienstgrenze bei den geringfügig entlohnten Beschäftigten, die bereits heute einen Verdienst am Rande der Höchstgrenze erzielen, genutzt wird, um die Arbeitsstunden mit geringen Stundenlöhnen auszuweiten. Das Ergebnis wäre ein höherer Monatslohn durch noch mehr schlecht bezahlte Arbeitsstunden.
Aus Sicht des Bundesrates sind vielmehr Regelungen erforderlich, die Fehlanreize und Missbrauch von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen eindämmen beziehungsweise beseitigen und dafür sorgen, dass geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zugunsten regulärer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze zurückgedrängt werden.
Das eigentliche Problem, dass geringfügig Beschäftigte wie Arbeit- nehmer zweiter Klasse behandelt werden, wird nicht angegangen, sondern noch verstärkt. Statt einer Anhebung der Verdienstgrenze wäre daher die Begrenzung der geringfügigen Beschäftigung auf wöchentlich höchstens 12 Stunden mit dem Ziel, einen Stundenlohn von circa 8,50 Euro zu erreichen, und Maßnahmen zur Verbesserung der arbeitsrechtlichen Situation der richtige Weg gewesen (vgl. BR- Drucksache 768/11).

Darüber hinaus würde die vorgesehene Anhebung der Verdienstgrenzen für geringfügige Beschäftigung und Beschäftigung in der Gleitzone zu Ausfällen bei der Lohn- und Einkommensteuer führen und Länder und Kommunen ausweislich der Gesetzes- begründung mit jährlich 115 Millionen Euro belasten. Der Bundesrat weist darauf hin, dass Einnahmeverluste in dieser Höhe angesichts der ohnehin bestehenden strukturellen Unterfinanzierung der Haushalte von Ländern und Kommunen und unter den Bedingungen der neuen Schuldenregel ohne Gegenfinanzierung nicht zu verkraften wären.

Die geringfügige Beschäftigung hat vor allem auf die Erwerbssituation von Frauen negative Auswirkungen. Die vorgesehene Ausdehnung der Verdienstmöglichkeiten würde eine noch stärkere Verbreitung dieser Beschäftigungsform begünstigen und ist daher abzulehnen.
Die ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigung bietet in der Hauptphase der Erwerbstätigkeit kaum Möglichkeiten, in eine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu wechseln, und trägt so dazu bei, die geschlechtsspezifische Segregation am Arbeitsmarkt zulasten der Frauen zu verstärken.

In ihrem Gutachten für den ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung hat sich die Sachverständigenkommission daher mit Nachdruck für die Abschaffung der Subventionierung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ausgesprochen. Aus der Perspektive der Geschlechtergleichstellung bezeichnete sie die gegenwärtige Minijobstrategie über den Lebensverlauf sogar als desaströs. Einer Anhebung der Verdienstgrenze für geringfügige Beschäftigung - und parallel für die sogenannten Midi-Jobs - kann daher nicht zugestimmt werden.
Von der Bundesregierung werden vielmehr zeitnah Vorschläge erwartet, wie insbesondere unter gleichstellungspolitischen Aspekten Fehlanreize und Missbrauch von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zugunsten regulärer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze eingedämmt beziehungsweise beseitigt werden können."

Darüber hinaus vertreten die Ausschüsse die Ansicht, dass das Gesetz Zustimmungspflichtig ist und begründen dies wie folgt:

"Mit dem Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung werden in § 8 SGB IV die Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigte von 400 auf 450 Euro angehoben. Über die dynamische Verweisung in § 40a Absatz 2 EStG auf § 8 SGB IV wird auch die Höchstgrenze für die pauschalierte Lohnsteuer angehoben. Die vorgesehene Anhebung der Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigte hätte somit Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht, sodass nach Artikel 105 Absatz 3 GG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.
Die vorgesehene Anhebung der Verdienstgrenzen für geringfügige Beschäftigung und Beschäftigung in der Gleitzone würde zu Ausfällen bei der Lohn- und Einkommensteuer führen und Länder und Kommunen ausweislich der Gesetzesbegründung mit jährlich 115 Millionen Euro belasten. Der Bundesrat weist darauf hin, dass Einnahmeverluste in dieser Höhe angesichts der ohnehin bestehenden strukturellen Unterfinanzierung der Haushalte von Ländern und Kommunen und unter den Bedingungen der neuen Schuldenregel ohne Gegenfinanzierung nicht zu verkraften wären."